Von Archimedes bis Harry Potter

Schon in der Antike haben sich viele Wissenschaftler mit Glas und seiner Brechungskraft beschäftigt. So soll Archimedes (287 v.Ch. – 212 v.Ch.; Syrakus) die Brechungsgesetze von Linsen untersucht und einen Kristall zur Sehkorrektur genutzt haben.

Auch der arabische Gelehrte und Astronom Abu Ali al-Hasan ibn al-Haitham (965 – 1040 n.Ch.) beschrieb Jahre später die vergrößernde Wirkung eines Glaskugelsegments. Er gilt als der Erfinder der Lupe.

Viel Geheimnis rund um die Brille

Im 13. Jahrhundert wurde dann der Lesestein von italienischen Mönchen entwickelt. Halbkugelförmig wurde dieser geschliffene Bergkristall auf die Schrift gelegt, um die Buchstaben zu vergrößern. Und so bekommt die Brille auch ihren Namen, denn dieser leitet sich von diesem speziellen Halbedelstein ab, dem Beryll. Die erste Abbildung eines sogenannten „gestielten Einglases“ – der „alltagstauglicheren“ Variante des Lesesteins – stammt aus dem Jahr 1270. Das geschliffene Glas wurde hierbei in Holz „gerahmt“ und vor das Auge gehalten. Wem man konkret für die Erfindung der Brille danken kann, bleibt aber bis heute ein Geheimnis.

Ein Geheimnis sollte auch die Kunst der Glasherstellung bleiben, jahrhundertelang wohl gehütet in den Glashütten von Murano. Den Glasmachern (Cristalleri) drohte bei Missachtung sogar die Todesstrafe. Den Siegeszug über die Welt konnte man aber auch damit nicht dauerhaft einschränken.

Aus eins mach zwei

Der entscheidende Schritt zur Brille von heute war aber die Erfindung der sogenannten Nietbrille im 16. Jahrhundert. Erst mit ihr wurden zwei Gläser zu einer Sehhilfe verknüpft. Das Holz der Fassung wurde durch Blei ersetzt. Auch diese Brille musste allerdings noch vor die Augen gehalten werden. Die älteste bekannte Darstellung einer Nietbrille kann man im Kloster San Nicolo zu Treviso bei Venedig bewundern (gemalt 1352 von Tomaso di Modena).

Die verwendeten Materialien wurden nach und nach vielfältiger: Leder, Schildpatt, Horn, Fischbein, Eisen, Silber, Bronze. Materialien, die sich seinerzeit nur vermögende Menschen leisten konnten.

Für die Massen erschwinglich wurde die Brille erst, als 1640 eine Maschine entwickelt wurde, die den Draht um die Gläser formen konnte. Diese Drahtbrillen wurden als „Nasenquetscher“ bekannt, da sie ganz vorne auf der Nase aufgesetzt wurden. Bei der ärmeren Bevölkerung waren sie trotz schlechter Qualität bis ins 19 Jahrhundert eine zahlbare Option.

Da kriegt man eine auf die Ohren

Der englische Optiker Edward Scarlett schließlich fertigte 1727 die erste Brillenfassung, deren Bügel ausschließlich über den Ohren verliefen. Diese waren anfangs jedoch nicht sonderlich erfolgreich, so dass Alternativen in Form von Lorgnon, Monokel oder Zwicker teils bis ins 20. Jahrhundert ebenso verbreitet waren.

Mit den Jahren wurden die Ohren- bzw. Schläfenbrillen immer ausgefeilter, wandlungsfähiger und vor allem bequemer. Aber noch Anfang der 1980er Jahre gab es lediglich sechs Kunststoff-Fassungen für Erwachsene und zwei für Kinder, deren Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wurden: die „Kassengestelle“. Erst ein Sondervertrag zwischen dem Augenoptiker Fielmann und der AOK erlaubte eine Öffnung dieser Modellrestriktion. Seit 2004 ist eine Zuzahlung durch die gesetzlichen Krankenkassen nun gar nicht mehr möglich.  

Und dann kam Harry Potter und revolutionierte das Brillenträgerimage…