Focus: Wunderwerkstatt
Augenoptiker sind Handwerker. Und wo ein Handwerker ist, da ist auch eine Werkstatt. Naja, fast. Die Werkstatt eines Augenoptikers ist ein besonderer Ort. Dort bringt man Fassung und Gläser zusammen, dort sieht man, wie dick oder dünn ein Brillenglas sein kann und freut sich über jede tolle Brille, die durch die eigenen Hände geht. Dazu hat wahrscheinlich jeder Augenoptiker viele Erinnerungen an die Lehrzeit in der Werkstatt, in der man mühsam alle Tricks und Kniffe erlernt hat. Leider ist eine eigene Werkstatt für viele Augenoptiker auch ein Luxusobjekt, da erhebliche Investitionen nötig sind, um diese vernünftig auszustatten. Daher setzt man häufig auf Einschleifwerkstätten. Doch wie läuft es da ab? Nicht nur wir haben uns vor Ort ein Bild gemacht. Auch das Team vom FOCUS – Das Magazin für den erfolgreichen Augenoptiker hat sich umgeschaut.
Wie selbst gemacht – nur besser
Die Vorstellung, wie ein Einschleifservice funktioniert, haben wir sicher alle im Kopf. Gläser und Fassung werden in die jeweilige Werkstatt geschickt, dort geschliffen und montiert und ein bis zwei Tage später erreicht das fertige Produkt den Augenoptiker zur Übergabe an die Trägerin bzw. den Träger der Brille. Soweit die Theorie. Wie viel mehr eine Einschleifwerkstatt auch sein kann, haben wir bei unserem Besuch bei Frame Tec im sächsischen Zschopau erfahren.
Das inmitten einer Kleinstadt gelegene Werkstattgebäude lässt von außen kaum vermuten, was sich im Inneren abspielt. Hier werden von acht Mitarbeitern mit hochmoderner Technik kleine Wunderwerke hergestellt, von denen einige andere Werkstätten oder Glashersteller sagen würden: „Das ist technisch nicht möglich.“ Neben den üblichen Verglasungen hat sich die Firma auf die Sportverglasungen spezialisiert und kann durch die technische Ausstattung, jahrelange Erfahrung und viel Liebe zum Beruf nahezu alles möglich machen.
Falls man doch einmal an die Grenzen des Bestellbaren gerät – etwa bei der Verglasung einer Adidas Evil Eye Halfrim in der Größe L, am besten noch in Kombination mit einer kleinen PD, die fast immer einen Glasdurchmesser 80 oder größer verlangt – hat man bei Frame Tec mit der hauseigenen Glasmanufaktur noch ein Ass im Ärmel.
In dieser Glasmanufaktur können seit Juni 2017 viele Sonderwünsche oder Spezialanfertigungen umgesetzt werden, die bei großen Glasherstellern manchmal schlicht und ergreifend nicht hergestellt werden können. Auf kleinem Raum findet man wieder modernste Technik, die nur darauf wartet Sonderanfertigungen umzusetzen. Heute werden in der Manufaktur täglich etwa 100 bis 120 Brillengläser gefertigt. Doch der Weg dahin war weit, wie Geschäftsführer Stefan Praedicow erklärt:
„Wer denkt, dass es reicht, sich die entsprechende Technik anzuschaffen und dann fröhlich Gläser produzieren zu können, irrt. Wir haben über 14 Monate Entwicklungsarbeit investiert, um alles so zum Laufen zu bekommen, wie wir es uns vorgestellt haben. Da waren vor allem IT-Probleme, die gelöst werden wollten. Die Berechnung der Glasflächen für den Fertigungsprozess oder die Datenübertragung waren unerwartet große Herausforderungen, vor denen wir standen. Viele große und namenhafte Technikanbieter werben mit einfachen Komplettlösungen – am Ende waren es aber vor allem eigene Recherchen und Bemühungen, die das komplexe Gesamtsystem möglich gemacht haben.“
Doch jeder schwierige Weg lässt einen über die eigenen Grenzen hinaus wachsen und so können Dinge entstehen, die man sich vorher nicht hätte vorstellen können.
Heute ist Frame Tec ein echter Allround-Service für Augenoptiker und eine feste Basis in der Hinterhand, die das notwendige Know-how hat auch schwierige Aufträge umzusetzen. Brillengläser können erstaunlich günstig direkt bei Frame Tec geordert werden, was nicht im Standardprogramm zu finden ist, wird in der Manufaktur hergestellt und erweitert das Produktportfolio damit ins Grenzenlose. Das ist natürlich kein Muss – jeder Augenoptiker kann natürlich gemeinsam mit der Fassung eigene Gläser einschicken, die eingearbeitet werden sollen.
Nach der Bestellung, die durch die eigens entwickelte Bestellsoftware ein echtes Kinderspiel ist, werden die Brillen innerhalb eines Tages gefertigt und verlassen die Werkstatt wieder in Richtung Augenoptiker. Müssen die Brillengläser in der Manufaktur angefertigt werden, dauert es etwa drei bis vier Tage bis alles fertig ist.
Um noch kürzere Lieferzeiten zu gewährleisten, gibt es bei Frame Tec eine Lagerkollektion – also Modelle, die sich der Kunde in sein Geschäft hängen kann und die gleichzeitig im Lager der Einschleifwerkstatt vorrätig sind. So müssen nur die gewünschten Stärken und Brillengläser übermittelt werden und die Brille geht sofort in die Fertigung.
Ausgefuchstes System könnte man meinen, aber Geschäftsführer Stefan Praedicow kann sich noch viel mehr vorstellen: „Wir arbeiten in unserer Glasmanufaktur mit verschiedenen Sonderfarben für Sportbrillengläser, die unter anderem auf phototropen Gläsern möglich sind, damit der Nutzer einen noch besseren Durchblick bekommt. Zudem werden unsere Sportgläser zum Teil mit Lentikular-Schliffen hergestellt um die Gläser auch bei höheren Stärken ästhetischer zu gestalten und zum Teil überhaupt erst technisch möglich zu machen.“
Doch nicht nur die Glasmanufaktur bietet Raum für Innovationen: „Wir haben Augenoptiker in Dänemark, die die Gläser fernranden lassen, d.h. dass wir nur die Gläser schleifen und der Augenoptiker vor Ort diese selbst in die Fassung einsetzt – die Dänen sind diesbezüglich sehr zukunftsorientiert eingestellt. Damit die Übertragung der Fassungsform auch wirklich zu einhundert Prozent funktioniert, haben wir spezielle Kalibrierscheiben anfertigen lassen, so laufen unsere Systeme absolut identisch und die Gläser können exakt gerandet werden. Auch über die Versorgung mit technischen Geräten zur Datenübermittlung lässt sich reden, falls ein Augenoptiker keinen Tracer besitzt – wir finden einen Weg,“ erklärt Stefan Praedicow weiter.
Fazit
Am Ende unseres Besuchs sind wir vor allem erstaunt, was alles möglich ist und wie liebevoll sich um jeden einzelnen Auftrag und oft anfallende Rückfragen von Augenoptikern gekümmert wird.
(Publikation mit freundlicher Genehmigung des FOCUS – Das Magazin für den erfolgreichen Augenoptiker, Autorin des Artikels: Sarah Schmidt, Erstveröffentlichung: Ausgabe 10/2018, Fotos: Frame Tec GmbH, Zschopau)